Frohe Ostern 2015!

Vor ein paar Tagen fürchtete ich noch, dass Ostern mal wieder richtig nass und grau wird. Aber heute Morgen stellte ich mit Erstaunen fest, dass die Sonne vom blauen Himmel strahlte. Den Frühling habe ich mir schon in den vergangenen Wochen mit Tulpen und Narzissen in die Wohnung geholt. Und nebenbei habe ich mich nach Ostertexten und -gedichten umgesehen. Ein paar davon könnt ihr in meinem heutigen Blogpost lesen.

Osternest-mit-Lindt-Hase

1. Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Das Osterei

Hei, juchei! Kommt herbei!
Suchen wir das Osterei!
Immerfort, hier und dort
und an jedem Ort!

Ist es noch so gut versteckt.
Endlich wird es doch entdeckt.
Hier ein Ei! Dort ein Ei!
Bald sinds zwei und drei.

Richtig gut gefällt mir auch die Frühlings- und Aufbruchstimmung, die Theodor Storm in seinem Gedicht „Ostern“ beschreibt. Da bekomme ich gleich selbst Lust, auf einem Deich im hohen Norden spazierenzugehen und auf das „wie brennend Silber“ funkelnde Meer zu schauen:

 2. Theodor Storm: Ostern

Es war daheim auf unserm Meeresdeich;
ich ließ den Blick am Horizonte gleiten,
zu mir herüber scholl verheißungsreich
mit vollem Klang das Osterglockenläuten.

Wie brennend Silber funkelte das Meer,
die Inseln schwammen auf dem hohen Spiegel,
die Möwen schossen blendend hin und her,
eintauchend in die Flut der weißen Flügel.

Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand
war sammetgrün die Wiese aufgegangen;
der Frühling zog prophetisch über Land,
die Lerchen jauchzen, und die Knospen sprangen.

Entfesselt ist die urgewalt’ge Kraft,
die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen,
und alles treibt, und alles webt und schafft,
des Lebens vollste Pulse hör ich klopfen.

Wie das Eiersuchen gehört auch der Osterspaziergang (zumindest bei halbwegs gutem Wetter) traditionell zum Osterfest. Ich habe schon am Karfreitag einen vorgezogenen „Osterspaziergang“ gemacht, weil ich befürchtet hatte, dass das Wetter dafür an den Osterfeiertagen zu schlecht wäre. Am Fluss entlang marschierte ich durch den Auwald und mit mir zahllose andere Spaziergänger samt Kind, Hund und Kegel. Es blühte noch sehr verhalten; immerhin an einer Stelle entdeckte ich im Gras ein paar mutige Narzissen. Trotzdem: der Frühling liegt eindeutig in der Luft!

Und heute, am Ostersonntag, schien die Sonne nach einem Tag Pause wieder so schön und wärmend vom Himmel und lockte mich nach dem Osterbraten ins Freie. Richtig dicht und tief bauschten sich die Wolken über den Wiesen und Äckern, eine eindrucksvolle Stimmung!

So viel zu meinen „Osterspaziergängen“.

Der wohl berühmteste literarische Osterspaziergang darf an dieser Stelle natürlich nicht fehlen:

3. Johann Wolfgang von Goethe: Osterspaziergang, Faust I

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche,
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungs-Glück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.

Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weisses,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurück zu sehen.
Aus dem hohlen finstern Tor
Dring ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus Strassen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.

Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluss, in Breit‘ und Länge,
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.

Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet gross und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein.Baumstamm-mit-Fluss-und-Wolken

Die österlich-frühlingshafte Erweckungsstimmung beherrscht auch das Gedicht „Ostermorgen“ vom Lübecker Dichter Emanuel Geibel:

4. Emanuel Geibel: Ostermorgen

Die Lerche stieg am Ostermorgen
empor ins klarste Luftgebiet
und schmettert‘ hoch im Blau verborgen
ein freudig Auferstehungslied.
Und wie sie schmetterte, da klangen
es tausend Stimmen nach im Feld:
Wach auf, das Alte ist vergangen,
wach auf, du froh verjüngte Welt!

Wacht auf und rauscht durchs Tal,
ihr Bronnen, und lobt den Herrn mit frohem Schall!
Wacht auf im Frühlingsglanz der Sonnen,
ihr grünen Halm‘ und Läuber all!
Ihr Veilchen in den Waldesgründen,
ihr Primeln weiß, ihr Blüten rot,
ihr sollt es alle mit verkünden:
Die Lieb ist stärker als der Tod.

Wacht auf, ihr trägen Menschenherzen,
die ihr im Winterschlafe säumt,
in dumpfen Lüften, dumpfen Schmerzen
ein gottentfremdet Dasein träumt.
Die Kraft des Herrn weht durch die Lande
wie Jugendhauch, o laßt sie ein!
Zerreißt wie Simson eure Bande,
und wie die Adler sollt ihr sein.

Wacht auf, ihr Geister, deren Sehnen
gebrochen an den Gräbern steht,
ihr trüben Augen, die vor Tränen
ihr nicht des Frühlings Blüten seht,
ihr Grübler, die ihr fern verloren
traumwandelnd irrt auf wüster Bahn,
wacht auf! Die Welt ist neugeboren,
hier ist ein Wunder, nehmt es an!

Ihr sollt euch all des Heiles freuen,
das über euch ergossen ward!
Es ist ein inniges Erneuen,
im Bild des Frühlings offenbart.
Was dürr war, grünt im Wehn der Lüfte,
jung wird das Alte fern und nah.
Der Odem Gottes sprengt die Grüfte –
wacht auf ! Der Ostertag ist da.

Unterm Baum im grünen Gras
Unterm Baum im grünen Gras
Sitzt ein kleiner Osterhas‘!
Putzt den Bart und spitzt das Ohr,
Macht ein Männchen, guckt hervor.
Springt dann fort mit einem Satz
Und ein kleiner frecher Spatz
Schaut jetzt nach, was denn dort sei.
Und was ist’s? Ein Osterei!

Ich hoffe, für euch ist heute auch ein „kleiner Osterhas'“ im Gras gesessen und hat euch ein, zwei Ostereier gebracht. 🙂

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